Was ist ein… Habitatbaum?

Haben Sie schon dieses Schild bemerkt. Seit Kurzem hängt es an einer Gleditschie in der Nähe des Hauptweges auf dem Neustädtischen Friedhof und weist darauf hin, dass hier ein ganz besonderer Ort ist. Ein Ort, an dem Platz für den Kreislauf der Natur ist. Das Schild hängt an einer Gleditschie in der Nähe des Hauptweges. Eine Gleditschie?

Die Gleditschie (oder auf Deutsch der Lederhülsenbaum) ist ein Baum, der ursprünglich in den subtropischen Wäldern Nord- und Südamerikas, Asiens und Afrikas beheimatet ist. Diese Baumart kam als Import aus Nordamerika nach Europa. Ihre ursprünglich langen Stacheln wurden hier allerdings weitestgehend weggezüchtet, so dass sie heute hierzulande nur noch kleinere Stacheln trägt. Die Gleditschie ist ein recht hitzerobuster Baum, hält aber auch Kälte bis zu -35 °C aus.

Bis zu 130 Jahre alt kann die Gleditschie werden. Das Alter des Baums auf dem Neustädtischen Friedhof liegt zwar noch ein wenig darunter. Doch das Ende seines Lebens hat der Lederhülsenbaum fast erreicht. Aus diesem Grund ist er besonders interessant für verschiedene Tierarten. Der Specht beispielsweise hat hier eine sogenannte Spechtflöte (Spechtbruthöhlen in vertikaler Linie entlang des Baumstamms) hinterlassen, um dort seinen Nachwuchs aufzuziehen. Und selbst wenn die Höhlen nicht mehr von Spechten bewohnt sind, bieten sie Lebensraum für andere Vögel, kleinere Säugetiere und Insekten. Sie dienen nicht nur als Brut-, sondern auch Schlafplatz, Aufenthaltsraum bei schlechtem Wetter, Fressplatz und Nahrungslager.

Die Höhlen, die im Inneren des Baums entstanden sind, können auch Fledermäuse beheimaten. Hier ruhen sie am Tag und im Winter, ungestört und im Trockenen. Auch bei der Gleditschie auf dem Neustädtischen Friedhof ist dies der Fall. Aus diesem Grund hängt an ihr ein Habitatschild. Die Bezeichnung Habitat kommt vom Lateinischen Wort „habitāre“, das wohnen bedeutet. Der Habitatbaum gibt Wohnraum, eben zum Beispiel den Fledermäusen, aber auch verschiedenen anderen Tierarten, insbesondere Pilzen und Insekten, die zum Teil ausschließlich auf absterbendes Holz spezialisiert sind. Aus diesem Grund ist er von großem ökologischen Wert und besonders schützenswert, zumal Fledermäuse in der EU als streng geschützte Art gelten.

Um die Sicherheit der Besucher*innen des Friedhofs zu gewährleisten, wurde die Krone der Gleditschie so weit wie möglich gekürzt. Damit die Fledermäuse aber dennoch im Trockenen wohnen können, hat der Baum eine Abdeckung aus Holz erhalten. Die Gleditschie ist dadurch vermutlich nicht mehr einer der schönsten Bäume, aber für das Ökosystem Friedhof, als einer Lebensgemeinschaft unterschiedlicher Organismen, von großer Bedeutung.


 

Bei den Sternen statt im Licht der Welt

Die Sternenkindergrabstätte auf dem Neustädtischen Friedhof

Komplikationen in der Schwangerschaft, die bis hin zu Fehl- und Totgeburten führen können, sind trotz moderner Medizin kein Phänomen aus früheren Zeiten, sondern geschehen auch heute. Sie konnten und können jede werdende Familie treffen. Für viele Betroffene ist der Verlust eines entstehenden Lebens nur schwer erträglich, für manche gar traumatisch. Ein Ort der Trauer kann bei der Bewältigung von Schmerz und Trauer helfen.

Doch es war lange geradezu unmöglich, nicht lebend geborene Kinder auf dem Friedhof beizusetzen,  galt doch die Taufe als Einlassschein für eine christliche Beisetzung auf einem Friedhof. Und da nur lebende Personen getauft werden können, war Totgeburten eine solche Beisetzung verwehrt. Eine Wende brachte hier erst die Reformation. Martin Luther lehrte, dass der Mensch allein durch die Gnade Gottes das Heil erhält. Es ist allen Menschen gewiss, egal welchen Alters. Evangelische Pfarrer ermöglichten nun den Eltern, auch ihre ungetauften Kinder christlich bestatten zu lassen. So wurden auch Leichenpredigten und Grabdenkmäler für ungetaufte Kinder möglich.

Auch die staatliche Gesetzgebung hat sich diesbezüglich immer wieder geändert. Inzwischen sind laut Brandenburgischem Bestattungsgesetz Föten ab einem Gewicht von 500 Gramm bestattungspflichtig. Totgeborene sowie Fehlgeborene unter diesem Gewicht sind auf Wunsch eines Elternteils zu bestatten. (BbgBestG vom 7. November 2001, § 19, Abs. 1 sowie Änderung vom 15. Oktober 2018, § 19, Abs. 1 und § 3, Abs. 1.3). Für solche Beisetzungen von nichtbestattungspflichtigen Föten bietet unser Neustädtischer Friedhof inzwischen einen besonderen Ort.

Die Initiative dazu kam aus einem Krankenhaus. Denn auch hier stellte sich die Frage, was mit den nicht bestattungspflichtigen Tot- und Fehlgeburten geschehen soll, immer wieder neu. Im Städtischen Klinikum Brandenburg an der Havel entstand 2002 die Initiative des damaligen Krankenhausseelsorgers Pfarrer Heino Winkler, den „Sternenkindern“ eine eigene Grabstätte zu ermöglichen, damit sie nicht als organischer Müll entsorgt werden müssen, sofern ihre Eltern nicht für eine individuelle Beisetzung zahlen können.

Pfarrer Winkler sagt: „Ich rannte mit der Idee der Sternenkinderbeisetzungen offene Türen ein“. Mitakteure konnten schnell gefunden werden. Für die St. Katharinenkirchengemeinde, Andreas Dieckmann (Dieckmann Bestattungen) und Tobias Fischer (Grabdenkmale Fischer) war es eine Herzensangelegenheit, sich für die Ermöglichung von Sternenkinderbeisetzungen und die Schaffung einer Sternenkindergrabstätte auf dem Neustädtischen Friedhof zu engagieren. So wurde es möglich, dass Eltern ihre nichtbestattungspflichtigen Kinder hier seit über 20 Jahren kostenlos beisetzen lassen können. Bis heute wurden bereits fast 250 Föten bestattet.

Die Eltern haben somit einen Ort des Abschieds und der Trauer. Hier können sie darüberhinaus erfahren, dass sie mit ihrer Trauer nicht allein sind. Die Trauergottesdienste, die die halbjährlich erfolgenden Beisetzungen begleiten, gestaltet die Krankenhausseelsorge. Auch Pfarrerin Felicitas Haupt, Nachfolgerin von Pfarrer Winkler, setzt sich leidenschaftlich für die Sternenkindergrabstätte ein.
Die Grabstätte ist in Form einer Urnengemeinschaftsanlage angelegt. Eine Hecke umrandet das Grabfeld, das mit Rasen begrünt ist. Leider haben die Dürresommer der letzten Jahre dazu geführt, dass die Hecke abstarb und nachgepflanzt werden musste. Eine Spende von Dieckmann  Bestattungen ermöglichte  die Nachpflanzung. Ausgesucht wurden besonders hitzetolerante Pflanzen, die in den Frühjahrs- und Sommermonaten in unterschiedlichen Zeiten und Farben blühen werden und auch Bienen und Hummeln gute Nahrung bieten. Die Hecke trägt sogar einige essbare Früchte. Nun hoffen wir, dass die Pflanzen gut anwachsen und im nächsten Jahr Blüten und Früchte tragen. Doch um die Kosten für die dauerhafte Pflege der ca. 120 qm großen Sternenkindergrabstätte tragen zu können, benötigen wir Ihre Mithilfe und bitten Sie um Spenden:

Im Gemeindebüro: Katharinenkirchplatz 2, Di 15-17 Uhr, Mi + Do 10-12 Uhr
In der Friedhofsverwaltung: Kirchhofstr. 38, Di 10-15 Uhr, Mi + Do 9-11.30 Uhr
Per Überweisung: KVA Potsdam Brandenburg, IBAN: DE56 5206 0410 0103 9098 59, Verwendungszweck: RT 3050 Sternenkindergrabstätte